Sie können hier jeweils Titelcover, Rücktitel, Inhaltsverzeichnis und eine Leseprobe der jeweiligen Ausgabe ansehen.
Günthers im November 1989
Foto: Inge Schiller
2019 -Editorial
(Auszug) …
am Abend des 9. November 1989 geschah Unfassbares: Nach 28 Jahren fiel die Berliner Mauer. Die ergreifenden Szenen, die sich damals abspielten, gingen um die Welt und berühren auch 30 Jahre später.
Ähnliches geschah dann in den folgenden Tagen und Wochen in unserer
unmittelbaren Nähe, am ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifen.
Deshalb haben wir in unserem zum siebten Mal erscheinenden Jahresheft neben „Kreativ“, „Kultur“ und „Geschichte“ eine eigene Rubrik „30 Jahre Grenzöffnung“ hinzugefügt. Dabei berichten u.a. Zeitzeugen über Einzelschicksale und Erlebnisse aus Ost und West.
bei Günthers 1989
Foto: Manfred Hempe
DER HEIMAT BERAUBT
Marie-Luise Neuber geb. Reuter
Bericht über die Zwangsaussiedlung der Fam. Ludwig Reuter am 3. Okt.
1961 aus Motzlar (Rhön)
Am Morgen des 3. Okt. 1961 wollte ich wie jeden Tag in die Berufsschule nach Dorndorf fahren. Ich hatte am Sept. 1960 eine Ausbildung zur Stenotypistin begonnen. Eigentlich wollte ich eine Ausbildung als Bankkaufmann machen, wurde aber vom Staat nicht genehmigt. Ein weiterer Berufswunsch war Techn. Zeichner, aber da wurden keine Mädchen ausgebildet. Also musste ich Stenotypistin werden. Schon als ich aufstand, lag eine unheimliche Spannung über allem. Wir wohnten am Dorfeingang auf einer Anhöhe und konnten die Straße nach Geisa ein wenig überblicken. Da sahen wir am Ortseingang eine Reihe LKW stehen. Keiner in unserer Familie wusste, was das zu bedeuten hatte, aber alle wussten, dass etwas Schlimmes passieren würde.
Im August des gleichen Jahres gab es schon einmal eine ähnliche Situation. Da hatte man frühmorgens das Dorf hermetisch abgeriegelt. Unser Dorf war mit eines der letzten, in dem noch keine LPG gegründet wurde. An diesem Tag durfte niemand das Dorf verlassen und es durfte auch niemand hinein.
