Gedenkstein am Synagogenplatz

„… Ich habe den Herrn Bürgermeister gebeten, ob es möglich wäre, dem Platz, wo unsere Synagoge stand, den Namen „Platz der jüdischen Kultusgemeinde“ zu geben. Damit neue Generationen für einen Moment stille stehen und gedenken.

Die Heilige Bibel sagt uns: Gedenke – vergesse nicht …“

(Henry Okolica, letzter Rabbiner 1934-1938 in Tann(Rhön)

Synagogenplatz Tann(Rhön) 1986

EINE BITTE,

äußerte der aus den USA angereiste Rabbi Henry Okolica in einer christlich-jüdischen Feierstunde in der Tanner Stadtkirche am 23.11.1978. Rabbi Okolica war von 1934 bis 1938 jüdischer Lehrer in Tann und mit der aus Tann stammenden Frau Lisbeth, geb. Jüngster verheiratet. Nach der Flucht im November 1938 besuchten sie nun zum ersten Mal wieder ihre alte Heimat.

Synagogenplatz Tann(Rhön) 2021

AUSFÜHRUNG

Man griff die Bitte des alten Rabbiners auf. Es wurden Beziehungen – vor allem durch die Tanner Familie Rolf und Sigrid Kreuder – auch zu ehemaligen Tanner Juden in Israel geknüpft. Auf Anregung von Kurt Jüngster, Tel Aviv, wurde aus judäischem Marmor in Jerusalem ein Gedenkstein gefertigt, auf dem Seeweg kam er nach Bremerhaven, von dort wurde er nach Tann überführt und auf dem Platz der ehemaligen Synagoge aufgestellt.

Gedenkstein Tann(Rhön) 2019

GEDENKSTEIN

Zur feierlichen Enthüllung des Steins am 11.08.1991 kam Kurt Jüngster, der bis zu seinem 15. Lebensjahr in Tann gelebt hatte, eigens aus Tel Aviv und hielt eine ergreifende Ansprache.

Die Inschrift auf der Vorderseite des Steines, um die lange gerungen wurde, lautet:

 „Zum Gedenken an unsere verfolgten, vertriebenen und ermordeten jüdischen Mitbürger.“

Ein Psalmvers in Hebräisch (linke Seite) und Deutsch (rechte Seite) ergänzt:

 „Gott, gedenke an deine Gemeinde, die du vor Zeiten erworben hast.“ (Psalm 74.2).

 

Denkmal Synagogenplatz Tann(Rhön) 2022 ©Fotos: A. Dänner

UMGESTALTUNG

Das Denkmal am Synagogenplatz besteht aus Steinen der 1938 im Rahmen des Novemberpogroms zerstörten Tanner Synagoge.

Nachdem die Synagogensteine im Fundament einer früheren Holz-Lagerhalle nahe der Ulster wieder entdeckt wurden, war die Frage, wie die etwa 20 Steine neben dem vorhandenen Denkmal aufgebaut werden könnten. Sie sollten ein weiteres Zeichen der Erinnerung an die lange jüdische Geschichte in Tann sein.

Nach ausführlichen Überlegungen und Planungen haben Mitglieder des Kultur- und Geschichtsvereins (KGV) die restlichen Steine in etwa an den Originalstandort gebracht. Es sind Fenster- und Sockelsteine, die in ihrer ursprünglichen Anordnung wieder aufgebaut wurden. Ein Metallbogen zeichnet eines der zerstörten Fenster nach.

Der Aufbau ergänzt Gedenkstein und -tafel, mit denen die Stadt Tann bereits vor dem Fund der Synagogensteine an die jüdische Gemeinde erinnerte.

Am 15. Mai 2008 wurde in Abstimmung mit der jüdischen Gemeinde Fulda eine eindrucksvolle gemeinsame Einweihung durch die Stadt Tann, einen jüdischen Rabbiner und Chor sowie den KGV gefeiert.

 Quelle:

Hohmann, Joachim S. (Hg.): Wir in Tann – 800 Jahre Stadtgeschichte. Rhön- Verlag Hünfeld 1997, (Gedenken an die jüdische Gemeinde in Tann von Johann Rüppel, S. 301-302)