Tann Weg zu den Stolpersteinen

Foto Slg. Antje Dänner:
Christen und Juden feierten 1926 gemeinsam Fasching – im Hintergrund die Synagoge

Unser Weg zu den Stolpersteinen

Mitglieder des Kultur- und Geschichtsvereins äußerten vor einigen Jahren die Bitte, der Verein möge die jüdische Geschichte der Stadt Tann und die Ereignisse während der NS-Zeit dokumentieren. Dass dies bisher noch nicht oder nur teilweise geschehen ist, mag dem gerade für eine kleine Gemeinde schwierigen Thema geschuldet sein. Vielleicht hat es auch erst den Abstand von mehreren Generationen gebraucht, um sich damit näher auseinanderzusetzen.

Noch vor 100 Jahren existierte in der Stadt Tann (Rhön) eine große und lebendige jüdische Gemeinde, die in der NS-Zeit ausgelöscht wurde.

Um das Andenken an die jüdischen Bewohner zu bewahren und so diesen Teil der Tanner Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, wurde in den letzten Jahren viel getan. Der KGV hat durch die neue Gestaltung des Synagogenplatzes 2008 dazu beigetragen, einen würdigen Gedenkort zu schaffen. Mit dem Denkmal aus den Steinen der 1938 zerstörten Synagoge und der Anbringung einer Tafel mit den Namen der im Holocaust ermordeten Tanner Juden (2018), leistete er bereits einen großen Beitrag zur Erinnerungskultur.

Auf diesem Platz findet seit 2017 regelmäßig zum Jahrestag der Reichspogromnacht eine Gedenkveranstaltung statt, die von der Evangelischen Kirchengemeinde, der Stadt Tann und dem KGV gestaltet wird. Im Jahr 2017 wurde die viel beachtete Ausstellung „400 Jahre Juden in der Rhön“ im Naturmuseum vom Verein Zukunft Bildung Fulda e.V. (Dr. Michael Imhof und Joachim Schulz), der Stadt Tann und dem KGV ausgerichtet.

Mit den Gedenkveranstaltungen im November, Stadtrundgängen, insbesondere mit Schülern und Konfirmanden und mit Zeitzeugengesprächen versuchen wir, die Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde wachzuhalten.

Im Laufe der intensiven Auseinandersetzung mit der Thematik und den verschiedenen Möglichkeiten sie sichtbar zu machen, sind wir unweigerlich auf das Projekt des Künstlers Gunter Demnig gestoßen. Diese besondere und weltweit einzigartige Form des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus – die Stolpersteine – möchten wir nun auch in Tann umsetzen und wären dann ein Teil dieses umfassenden Gesamtwerkes der aktiven Erinnerung.

Der neben dem Rathaus gelegene Gedenkort am Synagogenplatz wird im Laufe des Jahres von Passanten nicht immer wahrgenommen, bzw. man kann ihm „aus dem Weg“ gehen.

Mit den Stolpersteinen möchten wir bewusst jedes Opfer zurück in unsere Mitte holen. Man soll ihnen täglich begegnen, dort wo sie einst als Nachbarn, Schulkameraden oder Geschäftsleute gelebt haben. Man soll über ihre Namen und Schicksale stolpern oder wie Gunter Demnig gerne zitiert wird: Man stolpert mit dem „Kopf und mit dem Herzen“.

Nach ersten Gesprächen mit dem Bürgermeister der Stadt Tann (Rhön), Mario Dänner und der Zustimmung für das Projekt durch den Magistrat, registrierte sich der KGV im Dezember 2021 bei der „Stiftung – Spuren – Gunter Demnig“ für eine Stolpersteinverlegung. Gleichzeitig erfolgten intensive Nachforschungen zu den Tanner Opfern des Holocaust in verschiedenen Archiven und Institutionen. Vor allem die Mitarbeiter des Standesamtes Tann unterstützten uns sehr bei dieser Arbeit.

Im Februar 2022 wurde unser Flyer zu den Stadtrundgängen: „Juden in Tann – Eine Spurensuche“ in der Presse vorgestellt und gleichzeitig ein erster Spendenaufruf für die Stolpersteine gestartet, da diese ausschließlich durch Spenden finanziert werden. Schon in den ersten Wochen danach war die Resonanz sehr positiv.

Die erste Verlegung von 16 Stolpersteinen für drei Familien wird voraussichtlich Anfang 2023 beginnen. Insgesamt ist geplant für die 24 Opfer des Nationalsozialismus und deren 19 geflüchtete Familienangehörige, vor ihrem letzten freiwillig gewählten Wohnsitz in Tann, Stolpersteine zu verlegen. Zur Verwirklichung des gesamten Projektes sind weitere Geldspenden sehr willkommen. Eine entsprechende Spendenquittung kann ausgestellt werden.